
Ein Text von Astrid Lindgren "Mein Sohn liegt in meinem Arm" lässt bei meinem Kollegen Alexej Sesterheim und mir ein interessantes Gespräch zum Thema Mutterliebe entstehen:
Was hat es mit dieser Mutterliebe auf sich?
Stellt eine Mutter die Liebe zum Kind über die Liebe zum Partner?
Führt so eine intensive Liebe zu Problemen beim Thema „Loslassen“?
Diesen Blog schreibe auf Grundlage meiner ganz persönlichen Gefühle und Erfahrungen. Ich bin gespannt, wie es Dir mit diesem Thema geht! Fühlst Du ähnlich oder vielleicht auch ganz anders? Was löst mein Artikel bei Dir aus?
Wenn ich an die Liebe zu meinen Kindern denke, muss ich etwas ausholen… Nämlich in die Zeit, in der ich und mein Mann uns dafür entschieden haben, Kinder zu bekommen. In die Zeit, in der ich mich bereits mit dieser Seele, die da zu uns kommen möchte, verbinde und dieses Wesen zu uns einlade. Besonders vor meiner 3. Schwangerschaft war dieses Gefühl, sich mit einer Seele zu verbinden sehr intensiv. Mein Mann war nämlich einem 3. Kind gegenüber recht unsicher eingestellt. Für mich war dieses Kind bereits bei uns. Ich spürte seine Präsenz so intensiv, dass ich bereits begonnen hatte, dieses Wesen zu lieben. Ich erklärte meinem Mann, dass ein „Nein“ zu diesem Kind für mich so wäre, als würde ich einen unserer Jungs wieder von uns wegschicken…
In der Schwangerschaft bekommt diese tiefe, reine Liebe etwas Symbiotisches. Ich spüre die Bedürfnisse dieses kleinen Wesens, ich nehme über die Bedürfnisse und Bewegungen seinen Charakter wahr. Ich teile meinen Körper und bin bereit, die Bedürfnisse meines Ungeborenen über die meinen zu stellen. Meine Essgewohnheiten passen sich an, ich spüre sehr viel präsenter, wie viel Ruhe und Schlaf ich brauche. Mein Schlafrhythmus stellt sich schon in der Schwangerschaft auf mein Baby ein.
Und so bin ich nach der Geburt die einzige Person, die dieses kleine Wesen schon kennt. Rund um die Uhr die Bedürfnisse dieses Menschen zu erfüllen, ist also für mich, zumindest in dieser ersten Zeit, in der mein Baby vollkommen abhängig ist, so, als würde ich mich um mich selbst kümmern. Aber auch später noch bedeuten liebevolle Handlungen für mein Kind, ein liebevolles Handeln und Heilen für mein eigenes inneres Kind.
Es fällt mir nicht schwer, seine Sprache verstehen zu lernen, oft genügt nur ein Blick und ich weiss, was es gerade braucht. Für meinen Mann und auch für die Geschwister fungiere ich in der ersten Zeit als Sprachrohr, als Brücke. Sie fragen mich automatisch, wenn sie nicht wissen, warum das Baby gerade weint, oder warum es diese und jene Geräusche macht.
Diese tiefe Beziehung sorgt nicht nur für das Überleben meines Kindes und dafür dass seine Bedürfnisse erfüllt werden. Ich helfe auch mit, dass andere Bezugspersonen ebenso eine Beziehung zu diesem „neuen“ kleinen Menschen in unserer Familie aufbauen können. Und auch das ist ein wichtiger Teil, der für sein Überleben sorgt, denn wenn ich ausfalle, sind schnellstmöglich andere Menschen da, die seine Sprache bereits kennen.
Also die Frage, ob ich die Liebe zu meinen Kindern über die Liebe zu meinem Partner stelle, kann ich ohne schlechtes Gewissen mit Ja beantworten. Diese Kinder waren während der Schwangerschaft ein Teil von mir, ich habe ihre Bedürfnisse, Gefühle, ihr ganzes Wesen wie mich selbst gespürt.
Die Liebe zu ihnen hat so etwas Tiefes und Reines und ich kann sie mit der Liebe für mein eigenes Inneres Kind, für mich selbst vergleichen.
Es ist also definitiv eine andere Liebe, als zu meinem Mann.
Ich kann aber auch sagen, dass die Liebe und Verbundenheit, die ich für meinen Mann empfinde, durch unsere Kinder erst diese Intensität erreicht hat, die sie heute hat. Sich gegenseitig dieses wunderbare Geschenk zu machen, in Liebe einem Menschen das Leben zu schenken und alle Höhen und auch Tiefen, die damit verbunden sind, gemeinsam zu meistern. Auch diese Gefühle werden für immer Bestand haben, egal was die Zukunft mit sich bringt.

Aber wie ist es nun mit dem Loslassen? Bin ich eine über-/Glucken-/Helikoptermutter, oder was es sonst noch für Worte dafür gibt?
Ich würde mal sagen, ich bin eine Mutter!! Ja, ich habe Probleme, mein Kind in eine Situation „loszulassen“, in der es unglücklich ist.
Eine liebevolle, authentische, ehrliche Beziehung zu meinen Kindern ist mir wichtig. Auch heute noch (mein Grosser ist bald 8), bin ich meinen Kindern gegenüber in dieser offenen Haltung, die es mir ermöglicht, recht schnell zu erkennen, was ihnen gut tut und was nicht. Und es ist mir nach wie vor wichtig, dass ich diese Beziehung wahre und ihre grundlegenden Bedürfnisse nicht einfach übergehe. Und je älter sie werden desto mehr kommt das Bedürfnis der Selbständigkeit, der Eigenverantwortung hinzu. Wenn ich ihnen nicht die Möglichkeit gäbe, sich von mir zu lösen, in ihrem eigenen Tempo, wäre ich nicht mehr in der Beziehung, sondern in eigenen Mustern gefangen. Wenn ich sie aber dazu drängen würde, sich von mir in einer Situation gegen ihren Willen von mir zu trennen, wäre es dasselbe.
Ich danke Dir fürs Lesen und bin gespannt auf Deine Meinung!!
Kommentar schreiben
Heidi (Donnerstag, 03 Mai 2018 14:53)
Liebe Karharina, zunächst meine allerherzlichsten Wünsche zur Geburt eures kleinen Mädchens!
Ende des Monats werde ich 63 Jahre alt und kann Deine Gedanken nach so vielen Jahren der Geburt meiner Kinder vollstänfig teilen. Ja, es ist etwas ganz Grosses, einem Kind das Leben zu schenken. ein Geschenk der Natur, wenn sich zwei Menschen in Liebe zusammentun. Sei Du voll und ganz die Mama, die du bist, dann kannst du nichts falsch machen-denn du bist echt! Und das ist das Allerwichtigste, ob Liebe zum Kind, Partner oder Eltern, echt sein. Dann gibst du genau die Liebe weiter, die du fühlst. DEINE Liebe.
Ich freue mich sehr mit euch allen!
Liebe Grüsse
Heidi
Julia Morgenroth (Montag, 14 Mai 2018 18:10)
Danke liebe Katharina. Ein wunderbarer Text, sehr klar formuliert.
Die einzige Stelle an der ich ein bißchen Probleme kriege ist die Stelle an der Du überlegst, ob die Liebe zu Deinen Kindern ÜBER der zu Deinem Mann steht. Diese Mühe würde ich mir gar nicht machen. Zweifellos ist die Liebe zu meinem Mann ANDERS als die zu meinen Kindern. Und sie muß teilweise zeitlich sehr zurückstecken. Aber je älter die Kinder werden und je selbständiger sie werden um so mehr Raum gibt es wieder für die Liebe zum Partner. Ich sehe da keine Hierarchie.
Alles Gute für Euch und liebe Grüße von Julia ❤️