
Kinderempfinden
„Ich bin ganz nah bei meiner Mama, sie hat mich fest in der Trage. Ich spüre ihre Wärme, ihre Nähe, ihre Liebe. Höre ihren Atem. Wir gehen los, denn ich bin schon ziemlich müde und meine Mama unternimmt dann oft lange Spaziergänge mit mir.
Eigentlich möchte ich sofort die Augen schliessen, aber ich habe Angst. Ich weiss, dass ich sicher bin bei meiner Mama, aber es sind so laute Geräusche um mich herum. Ständig erschrecke ich mich. Blicke mich um. So viele Geräusche, die mir viel zu laut in die Ohren dringen, die direkt in meinem Kopf Alarm schlagen.
Ich schreie, auch das ist viel zu laut, aber immerhin, weiss ich, dass das nur ich bin. Meine Mama geht schneller, sie ist nervös. Hat sie auch Angst vor den Geräuschen?? Ich spüre ihren Herzschlag und höre das Zittern in ihrer Stimme. Auch ihr Blick ist anders, nicht mehr so weich. Was hat sie nur? Ich schreie noch mehr. Ich bin so müde…
Irgendwann wird es ruhiger und über mir sehe ich die Blätter in den Bäumen. Ihr rauschen beruhigt mich und auch meine Mama wird wieder ruhiger. Sie fängt an zu erzählen, über die Bäume, den Wind und das Leben. Ich liebe es, wenn sie das tut, es beruhigt uns beide. Endlich kann ich schlafen.“
Wie kann ich meinem Kind helfen?
Was geht nur in diesem kleinen Wesen vor? In meinem Kind? Ich spüre genau, dass es nicht einfach nur weint, weil es Hunger hat oder müde ist, weil es auf den Arm möchte oder sonst was drückt. Mein Kind weint immer wieder aus purer Verzweiflung. Ich versuche, es zu beruhigen, doch oft, weiss ich gar nicht, wie. Ich gebe mein Bestes, doch was ist nur mit meinem Kind los?
Es hat so grosse Ängste, es nimmt so viel war, ich komme sehr oft an meine Grenzen. Diese Verzweiflung, die mein Kind ausdrückt, bringt mich zur Verzweiflung. Ich fühle mich ohnmächtig, hilflos und alleine.
Wenn ich sicher in mir selbst bin, wenn es mir gut geht und ich in solchen Momenten ruhig bleiben kann, spüre ich plötzlich, was mein Kind braucht, wovor es sich fürchtet. Dann kann ich handeln und es gibt mir grosse Sicherheit. Doch manchmal, bin ich selbst so überflutet von all dieser Gefühlsintensität, die mein Kind ausdrückt, vor allem, wenn noch andere Menschen um uns sind, dass ich am liebsten selbst schreiend davonlaufen möchte.
Sie spüren, dass wir beide, ich und mein Kind, sehr verunsichert sind und wollen uns natürlich helfen. Doch eigentlich brauchen wir beide nur Ruhe. Ich, um mich zu besinnen, mein Kind, um sich wieder sicher zu fühlen.
Mein Kind lehrt mich so viel Wunderbares! Vertrauen in mich selbst und meine Einschätzung. Ruhig zu werden und mich zu öffnen. Dem Schreien zuzuhören, statt es beruhigen zu wollen. Die Antwort in mir selbst zu finden und zu wissen, dass genau ich es bin, den mein Kind braucht, um diese Welt in Sicherheit kennenzulernen. Ich, der es beschützt, ihm Sicherheit gibt und es liebt, so wie es ist. Ich, der mit diesem Kind durch jede Krise geht, um danach dieses wundervolle Wesen, das mir so viele Rätsel aufgibt, erstrahlen zu lassen.